1. Botanisches Porträt
Wissenschaftlicher Name: Polygonum tinctorium Aiton
Familie: Polygonaceae (Knöterichgewächse)
Deutsche Namen: Japanischer Färberknöterich, Färber-Knöterich, Indigo-Knöterich
Englische Namen: Japanese Indigo, Dyer’s Knotweed
Beschreibung:
Der Japanische Färberknöterich ist eine einjährige, krautige Pflanze mit einer Wuchshöhe von 50–80 cm. Sein aufrechter, verzweigter und oft rötlich überlaufener Stängel ist kantig. Die Laubblätter stehen wechselständig, sind lanzettlich bis elliptisch geformt, 5–10 cm lang, zugespitzt und besitzen einen glatten Blattrand. Die kleinen, rosa bis weißen Blüten stehen in endständigen, ährenförmigen Blütenständen zusammen.
Standort & Verbreitung:
Die Pflanze bevorzugt sonnige bis halbschattige Standorte mit feuchten, nährstoffreichen Böden. Ursprünglich stammt sie aus Ostasien (China, Japan, Korea) und wird heute in gemäßigten Klimazonen kultiviert. Polygonum tinctorium ist frostempfindlich und benötigt warme Sommer für optimales Wachstum.
Ökologie:
Als einjährige Pflanze ist sie auf die Samenbildung angewiesen und gedeiht am besten unter Kulturbedingungen. In freier Natur wächst sie an feuchten Standorten wie Bachufern und in lichten Wäldern. Ihre Blüten werden von verschiedenen Insekten besucht.
2. Färbeeigenschaften
Färbende Pflanzenteile:
Primär die Blätter, in geringerem Maße auch Stängel und junge Triebe.
Färbende Inhaltsstoffe:
Der Hauptfarbstoff ist Indican (Indoxyl-β-D-glucosid), der durch enzymatische Spaltung zu Indoxyl und anschließender Oxidation zu Indigo wird. Weitere relevante Substanzen sind Isatin, das als Nebenprodukt entsteht, sowie Indirubin, das rötliche Nuancen erzeugen kann. Auch geringe Mengen Tryptanthrin sind enthalten.
Farbwirkung:
Die Pflanze liefert vorrangig Blautöne durch die Bildung von Indigo. In Kombination mit Gelbfärbern lassen sich Grüntöne erzielen. Durch besondere Verarbeitung können auch violette bis rötliche Farbtöne entstehen.
Verarbeitung:
Die Indigogewinnung erfolgt traditionell durch Fermentation der Blätter oder durch alkalische Extraktion. Dabei wird das farblose Indican in Indoxyl gespalten, welches mit Luftsauerstoff zu dem blauen Farbstoff Indigo oxidiert. Die Farbausbeute liegt mit etwa 0,1–0,3 % Indican pro Frischmasse unter der tropischer Indigoarten, ist jedoch für gemäßigte Klimazonen gut geeignet.
3. Historische Bedeutung und Verwendung
Traditionelle Nutzung:
In China und Japan ist die Pflanze seit über tausend Jahren als Indigoquelle bekannt. Bereits in der Song-Dynastie (960–1279) wurde sie in chinesischen Quellen als Färberpflanze beschrieben.
Dokumentierte Anwendungen:
In Japan entwickelte sich eine eigenständige Indigokultur unter dem Namen „Ai“ (藍). Die traditionelle Methode „Sukumo“ beschreibt die Fermentation der Blätter zu einem kompostartigen Material, aus dem später durch weitere Fermentation mit Holzasche und Sake der Färbesud gewonnen wurde.
Kulturelle Bedeutung:
Der Japanische Färberknöterich kam im 19. Jahrhundert nach Europa, wo er als mögliche Alternative zum tropischen Indigo erforscht wurde. Adolf von Baeyer beschrieb 1856 erstmals die Indigogewinnung aus dieser Pflanze. In den 1870er Jahren fanden kommerzielle Anbauversuche in Deutschland, Frankreich und England statt. Diese wurden jedoch bald durch den Siegeszug des synthetischen Indigos (ab 1897) beendet. In der japanischen Textiltradition war die Pflanze jedoch weiterhin bedeutend, insbesondere für indigogefärbte Arbeitskleidung und die kunstvollen „Sashiko“-Textilien.
4. Eigene Verwendung
Ich verwende die Indigoblätter frisch mit der Salzmethode. Dabei werden die Blätter direkt nach der Ernte mit Salz vermischt und von Hand geknetet, bis grüner Pflanzensaft austritt. Jetzt kommt das Färbergut dazu und wird so lange zusammen mit den Blättern weitergekneten, bis sich die gewünschte blaue Färbung einstellt. Das kann 15-20 Minuten (oder länger) dauern. Anschließend werden die Stoffe oder Garne gut ausgespült und getrocknet. Eine Beize ist bei dieser Methode nicht nötig.

