1. Botanisches Porträt
Wissenschaftlicher Name: Rudbeckia hirta L. (Synonyme: Rudbeckia bicolor, Rudbeckia serotina)
Familie: Asteraceae (Korbblütler)
Deutsche Namen: Rauer Sonnenhut, Schwarzäugige Rudbeckie, Rauer Garten-Sonnenhut, Gelber Sonnenhut
Englische Namen: Black-eyed Susan, Yellow Daisy, Brown-eyed Susan
Beschreibung: Der Raue Sonnenhut ist eine ein- bis zweijährige krautige Pflanze mit einer Wuchshöhe von 30 bis 100 Zentimetern. Die eiförmigen bis lanzettlichen Blätter sind mittelgrün gefärbt und charakteristisch rauh behaart. Von Mai bis Oktober erscheinen die goldgelben bis orangegelben Korbblüten mit einem Durchmesser von über zehn Zentimetern und dem markanten schwarzbraunen Zentrum.
Standort & Verbreitung: Ursprünglich in Nordamerika beheimatet, bevorzugt der Raue Sonnenhut vollsonnige bis halbschattige Lagen auf durchlässigen, nährstoffreichen Böden. Die Art zeigt hohe Toleranz gegenüber verschiedenen Bodenverhältnissen und ist in Deutschland vollständig winterhart. Seit dem 18. Jahrhundert wird sie weltweit als Zierpflanze kultiviert.
Ökologie: Je nach Aussaatzeitpunkt entwickelt sich die Pflanze ein- oder zweijährig. Die Fortpflanzung erfolgt über windverbreitete Samen. Die leuchtenden Blüten sind außerordentlich insektenfreundlich und locken Bienen sowie Schmetterlinge an. Die Samenstände bieten im Herbst Nahrung für körnerfressende Vögel.
2. Färbeeigenschaften
Färbende Pflanzenteile: Blätter und Stängel liefern die besten Färbeergebnisse, wobei sowohl frisches als auch schonend getrocknetes Pflanzenmaterial verwendet werden kann. Die Blüten ergeben eine geringere Farbintensität und werden seltener eingesetzt.
Färbende Inhaltsstoffe: Die überraschende grüne Färbewirkung des Rauen Sonnenhuts resultiert aus einer spezifischen Kombination sekundärer Pflanzenstoffe in den vegetativen Pflanzenteilen. Hauptverantwortlich sind die Chlorophylle a und b, die auch nach dem Trocknen ihre färbenden Eigenschaften behalten. Begleitende Flavonoide modifizieren und stabilisieren die Farbgebung, während Tannine als natürliche Beizmittel wirken und die Farbhaftung intensivieren. Carotinoide kommen vorwiegend in den Blüten vor und spielen für die grüne Färbung der vegetativen Teile nur eine untergeordnete Rolle.
Farbwirkung: Rudbeckia hirta erzeugt entgegen der Erwartung aufgrund ihrer gelb-orangen Blüten charakteristische grüne Farbtöne. Die Farbpalette reicht von zarten hellgrünen bis zu kräftigen dunkelgrünen Nuancen, abhängig von der Konzentration des Pflanzenmaterials, dem verwendeten Beizmittel und dem pH-Wert des Farbbades. Diese paradoxe Färbeeigenschaft macht die Pflanze zu einem besonderen Beispiel dafür, dass Blütenfarbe und Färbepotential einer Pflanze völlig unterschiedlich sein können.
Verarbeitung: Die traditionelle Verarbeitung erfolgt durch Extraktion der oberirdischen Pflanzenteile in heißem Wasser..Je nach gewünschter Farbintensität und verwendetem Beizmittel können verschiedene Grüntöne erzielt werden. Die natürlichen Tannine in der Pflanze erleichtern die Farbfixierung, dennoch empfiehlt sich eine Vorbehandlung der zu färbenden Materialien mit geeigneten Beizmitteln.
3. Historische Bedeutung und Verwendung
Traditionelle Nutzung: Die Verwendung von Rudbeckia-Arten als Färberpflanzen hat ihre Wurzeln in der indigenen Kultur Nordamerikas. Verschiedene Indianerstämme nutzten bereits vor der europäischen Kolonisation die einheimischen Sonnenhutarten zum Färben von Körben, Wolle und anderen textilen Materialien. Mit der Einführung der Pflanze nach Europa im 18. und 19. Jahrhundert als Zierpflanze wurde auch ihr Potential als Färberpflanze bekannt, spielte jedoch in der europäischen Färberei nie eine Rolle.
Dokumentierte Anwendungen: Historische Aufzeichnungen belegen die Nutzung verschiedener Rudbeckia-Arten durch die Ureinwohner Nordamerikas nicht nur für Färbezwecke, sondern auch zu medizinischen Zwecken. Für die Färberei konzentrierten sich die Anwendungen hauptsächlich auf die vegetativen Pflanzenteile, mit denen gelbe bis grüne Farbtöne für Textilien, Korbwaren und handwerkliche Gegenstände erzeugt wurden.
Kulturelle Bedeutung: In der modernen nachhaltigen Textilgestaltung erlebt Rudbeckia hirta eine Renaissance als Färberpflanze, besonders geschätzt wegen ihrer einfachen Kultivierung und der interessanten grünen Farbgebung trotz gelber Blüten. Diese Wiederentdeckung fügt sich in das wachsende Interesse an umweltfreundlichen Färbemethoden und der Rückbesinnung auf traditionelle handwerkliche Techniken ein. Die Pflanze verkörpert damit sowohl historisches Wissen als auch moderne ökologische Ansätze in der Textilveredelung.
4. Eigene Verwendung und Erfahrung
Entgegen den bisherigen Erklärungen habe ich nur mit den Blütenköpfen gefärbt und auch damit leuchtende, haltbare Grüntöne mit dem klassischen Färberbad erzielt. Die Blütenblätter im Bundle Dye verwendet, ergeben allerdings tatsächlich Gelb- bis Orangetöne. Ein Versuch mit der ganzen Pflanze steht noch aus.
