Färberwau

1. Botanisches Porträt

Wissenschaftlicher Name: Reseda luteola L.

Familie: Resedagewächse (Resedaceae)

Deutsche Namen: Färberwau, Färber-Resede, Gelber Wau, Wilde Resede, Gelbkraut

Englische Namen: Dyer’s weld, Dyer’s rocket, Yellow-weed

Beschreibung: Der Färberwau ist eine zweijährige krautige Pflanze, die im ersten Jahr eine grundständige Blattrosette ausbildet und im zweiten Jahr einen bis zu 180 Zentimeter hohen, steif aufrechten und verzweigten Stängel entwickelt. Die Pflanze ist völlig kahl und trägt wechselständige, lineal-lanzettliche Blätter mit ganzem Rand, die fast sitzend am Stängel angeordnet sind. Die unteren Blätter zeigen oft eine wellige Struktur. Von Juni bis September erscheinen die kleinen, vierzähligen, grünlich-gelben Blüten in sehr langen, schlanken Trauben, die der Pflanze ihr charakteristisches Aussehen verleihen. Die Früchte entwickeln sich als kleine Kapseln. Die Pflanze besitzt eine tiefreichende Pfahlwurzel, die ihr auch auf trockenen Standorten gute Wasserversorgung ermöglicht.

Standort & Verbreitung: Ursprünglich im Mittelmeerraum und in Westasien heimisch, hat sich der Färberwau über ganz Mitteleuropa ausgebreitet und besiedelt heute Wegränder, Schuttplätzen und Ruderalflächen. Die Pflanze bevorzugt trockene bis frische, kalkhaltige und steinige Böden in sonniger und warmer Lage. Sie gedeiht am besten auf durchlässigen, nährstoffarmen bis mäßig nährstoffreichen Substraten und zeigt sich sowohl frosthart als auch trockenheitsresistent.

Ökologie: Als zweijährige Pflanze überwintert der Färberwau im ersten Jahr als Rosette und blüht und fruchtet im zweiten Jahr, bevor er abstirbt. Die Vermehrung erfolgt ausschließlich über Samen, die vom Wind verbreitet werden oder durch Selbstaussaat keimen. Die langen Blütenstände bieten Nektar für verschiedene Insektenarten, besonders kleinere Käfer und Fliegen

2. Färbeeigenschaften

Färbende Pflanzenteile: Die oberen, blühenden Zweige und Sprossspitzen enthalten die höchste Konzentration an Farbstoffen. Auch das Kraut und die Samen können zur Färbung verwendet werden, ergeben jedoch schwächere Farbtöne.

Färbende Inhaltsstoffe: Der Hauptfarbstoff ist Luteolin, ein gelbes Flavonoid-Glykosid mit der chemischen Bezeichnung 3′,4′,5,7-Tetrahydroxyflavon. Begleitet wird dieser von weiteren Flavonoiden und deren Derivaten, die zusammen ein komplexes Farbstoffgemisch bilden. Der Name Luteolin leitet sich vom lateinischen „luteus“ für gelb ab und verdeutlicht die charakteristische Farbwirkung dieses sekundären Pflanzenstoffs.

Farbwirkung: Der Färberwau erzeugt leuchtende, klare Gelbtöne von außergewöhnlicher Intensität und Reinheit. Die Farbe zeigt eine hervorragende Lichtechtheit und gilt als eine der dauerhaftesten gelben Naturfärbungen überhaupt. Je nach Beizmittel und Nachbehandlung können die Gelbtöne von zitronengelb bis zu warmen, goldigen Nuancen variieren.

Verarbeitung: Traditionell werden die blühenden Sprossspitzen zur Blütezeit gesammelt und frisch verarbeitet oder getrocknet für die spätere Verwendung aufbewahrt. Die Farbstoffextraktion erfolgt durch Auskochen der Pflanzenteile in Wasser, wobei das entstandene Farbbad direkt zum Färben verwendet wird. Für dauerhafte Ergebnisse ist eine Vorbehandlung der Textilien mit Beizmitteln wie Alaun oder Eisensulfat erforderlich. Die Farbausbeute ist beachtlich, bereits geringe Mengen der Pflanze ergeben intensive Färbungen

3. Historische Bedeutung und Verwendung

Traditionelle Nutzung: Der Färberwau zählt zu den ältesten gelben Färberpflanzen Europas und wurde von der Antike bis ins 19. Jahrhundert kommerziell angebaut. Die Pflanze bildete das Rückgrat der europäischen Gelbfärberei.

Dokumentierte Anwendungen: Plinius der Ältere erwähnte den Färberwau bereits im ersten Jahrhundert nach Christus als „herba lutea“. Besonders bedeutsam war die Verwendung für das „Flammeum“, den gelben Brautschleier römischer Hochzeiten, sowie für die Gewänder der Vestalinnen. Archäologische Funde belegen zudem die Nutzung zur Färbung ägyptischer Mumientücher. Die ersten deutschen Belege für „Wau“ stammen aus den Jahren 1632 und 1647.

Kulturelle Bedeutung: In der römischen Kultur symbolisierte die gelbe Farbe Reinheit und göttlichen Schutz, was ihre Verwendung bei religiösen Zeremonien erklärt. Im mittelalterlichen Europa etablierte sich der Färberwau als Grundlage für die Zunft der Gelbfärber und spielte eine zentrale Rolle in der Textilindustrie bis zur Einführung synthetischer Farbstoffe.

4. Eigene Verwendung und Erfahrung

Ich habe selbst schon sehr leuchtendes Gelb mit dem Färberwau erzielt. Leider sind mir meine Pflanzen im letzten Winter eingegangen und so muss ich ein Jahr auf eine neue Ernte warten.